Du Narr!
Predigt am 03.08.2025
Ein Geschäftsmann hatte einen großen Terminkalender und war sehr stolz auf die vielen Termine. Sie zeigten ihm, dass er wichtig war, und dass es ohne ihn nicht ging. Und er sonnte sich in seiner Wichtigkeit,
trug alle Termine sorgfältig ein und sagte zu sich selbst: „Nun sei ruhig! Du hast alles gut eingeplant.“
Er wusste nicht, dass Gott sagte: „Du Narr, diese Nacht stehst du auf meinem Terminkalender.“
Bei dem Dichter Joachim Ringelnatz findet sich ein kleines, freches Gedicht. Es passt zu den Texten dieses Sonntags:
„Du weißt nicht mehr wie Blumen duften,
kennst nur die Arbeit und das Schuften.
…
So gehen sie hin die schönen Jahre,
am Ende liegst du auf der Bahre
und hinter Dir, da grinst der Tod:
Kaputtgeschuftet – Idiot!“
In einem Zeitungsartikel über den großen längst verstorbenen Fußballspieler Uwe Seeler war ein Ausspruch von ihm zitiert: „Es ist dieses Ich, Ich – mehr, mehr, es ist diese verdammte Gier, die alles kaputt
macht.“
Mag sein, dass Uwe Seeler die Entwicklung im Profifußball im Blick hatte, die horrenden Summen z. B. beim „Spielereinkauf“. Sein Ausspruch von der „verdammten Gier, die alles kaputt macht“, beschreibt jedoch
die Wirklichkeit in unserer Welt leider nur allzu treffend.
Die territoriale Eroberungsgier eines skrupellosen Machthabers führt Europa in den furchtbaren Ukraine-Krieg und bringt so viel Leid ins Leben unzähliger Menschen.
Wozu die „verdammte Gier“ führen kann, das zeigt die Lage unserer Welt: wenn die Reichen auf Kosten der Armen leben und die Wirtschaft nach Regeln funktioniert, die unsere Welt in Gewinner und Verlierer
aufteilt, dann ist das eine himmelschreiende Ungerechtigkeit.
Dass eine Mentalität des Immer-mehr-haben-Wollens alles „kaputtmachen“ kann, zeigt auch die Klimakrise und die zunehmende Zerstörung unserer Welt, die doch Gottes gute Schöpfung ist. Auch hier schafft es der
Mensch, durch Habgier und Kreisen um sich selbst, seine eigene Lebensgrundlage und die von Pflanzen und Tieren zu beschädigen und vielleicht zu zerstören.
„Halt! Stopp!“ denken Sie jetzt vielleicht: „Genug an Problemen! Genug Bedrohungsalarm!“ Das wäre verständlich! Schließlich haben wir Sommer, Urlaubszeit. Mal abschalten, sich erholen, einfach mal die Seele
baumeln lassen. – Es sei allen von Herzen gegönnt.
Allerdings, liebe Mitchristen, das heutige Evangelium stellt sich diesem inneren Bedürfnis ein wenig quer. Denn es kommt mit einer Ermahnung daher: „Gebt acht! Hütet euch vor jeder Art von Habgier!“
Nun, eigentlich handelt ja der reiche Scheunenbauer ganz vernünftig und vorausschauend, wenn er seine übergroßen Erträge zu sichern sucht. Ein kluger Mann baut vor.
Aber ist Ihnen das aufgefallen? Wenn der Reiche spricht, dann spricht er nur zu sich selber, dann führt er einen Monolog. Alle seine Gedanken kreisen um ihn selbst und um seinen Besitz. In seinem ichbezogenen
Denken scheint es keinen Platz für anderes zu geben – nicht für Gott, nicht für Menschen. Den Sinn seines Lebens sieht er allein darin, sich materiell abzusichern und das dann später zu genießen.
Doch in das Selbstgespräch des erfolgreichen Mannes dringt Gottes hartes Wort: „Du Narr! Heute, noch in dieser Nacht...“ Auf gut Deutsch: Du Dummkopf! Ein Narr ist er, weil sein ganzer Wohlstand den
plötzlichen Tod nicht verhindern kann und all sein auf Sicherheit gerichtetes Streben ins Leere läuft.
Der heilige Ignatius von Loyola schlägt bei seinen 30-tägigen Exerzitien eine Übung vor. Darin empfiehlt er, das Leben einmal von seinem Ende her in den Blick zu nehmen. Und so – von hinten her betrachtet –
Bilanz zu ziehen, zu sortieren, zu gewichten und das Leben neu zu ordnen.
Wie möchte ich – rückblickend in meiner letzten Stunde – gelebt haben? Für wen möchte ich dagewesen sein und mich eingesetzt haben?
„Da fragt man seine Arbeit, für wen sie nütze ist? Und da fragt man die Freizeit, ob sie auch Freiheit geschenkt hat? Da fragt man nach der Liebe und nach der Treue. Man fragt, ob man seinen Kindern in die
Augen sehen kann? Und welche Gewissheiten am Ende bleiben.“ (Johanna Haberer)
Für die Übung braucht es keine großen Exerzitien. Vielleicht genügt ein Moment der Stille, wo einer sich fragt: Dieser Tag, – was, wenn das der letzte wäre? Wenn heute Schluss wäre, hier und jetzt, hätte mein
Leben dann die Form, die es in meinen Augen haben sollte? Ist die Richtung spürbar, die ich meinem Leben gerne geben würde? Mag ich es, könnte ich es so lassen, wie es jetzt gerade ist? – Und dann kann die
Frage kommen, was dringend zu ändern wäre – an den Dingen um mich herum; an dem, was ich tue; und an mir selbst.
Vielleicht ist gerade jetzt auch die Ferienzeit geeignet, diesen Fragen Raum und Zeit zu geben. Eines scheint jedenfalls klar: Das letzte Hemd hat keine Taschen. Was am Schluss bleibt und zählt, ist die Liebe.
Dieses Wissen gibt unserem Leben Wahrheit, Weisheit – und allem Ende zum Trotz – Auftrag und Weite.