Ostern 2025: Jeder Mensch ist ein König
Predigt am 20.04.2025
In einer Kunstausstellung in Düsseldorf war vor Jahren dies zu sehen:
Da lag vor dem Eingang draußen ein riesiger Baumstamm quer auf dem Weg, so dass jeder Besucher dagegen laufen musste. Riesig, ganz schwarz verbrannt. Wenn man etwas genauer hinsah, konnte man schwach die
Konturen eines Menschen erkennen. Unten am Fuß des Stamms war eine Eisenplatte aufgeschraubt mit den Worten: Jeder Mensch ist ein König.
Dem Künstler (Anatol Herzfeld) war es in seinem ganzen Schaffen sehr wichtig, allen Menschen einzuhämmern, dass jeder Mensch ein König ist. Jeder. Ohne Ausnahme!!
Und da liegt nun der Mensch – verbrannt, verstümmelt.
Und da sitzen und stehen wir nun, wir Menschen alle – auch wir verängstigt, „angebrannt“, unerlöst, gar nicht königlich, unter Zwängen, in Ängsten, und hören dies: Jeder Mensch ist ein König.
Und wir sehen dies im Fernsehen:
Eine ukrainische Stadt wird mit Raketen beschossen. Auf der Straße sterben Menschen, die am Palmsonntag zur Kirche gehen. Während die Rettungskräfte sich abmühen, schlägt eine zweite Rakete ein, tötet auch
mehrere Kinder. Eine teuflische gezielte Absicht! Vertiefung des Chaos und des Schreckens.
Gegen solche Bilder und solche Taten müssen wir es geradezu herausschreien: Jeder Mensch ist ein König! Jeder Mensch hat KönigsWünde.
Das steht in unserem Grundgesetz ganz am Anfang festgeschrieben: Die Würde eines jeden Menschen ist unantastbar.
Danke für diesen Satz – gerade heute. Er gilt ohne Abstriche, ohne Wenn und Aber. Er schließt alle Minderheiten ein, denen es heute so oft an den Kragen geht. Der Satz gilt unbedingt.
Dieser Satz von der Menschenwürde ist Geist vom Geiste Jesu. Jesus liefert auch eine einleuchtende Begründung: Wir Menschen sind Schöpfung Gottes, Gott hat uns geschaffen und gewollt, ihm verdanken wir das
Leben. Wir schauen auf zu ihm und nennen ihn Vater. Wenn er der Vater ist, dann sind wir Brüder und Schwestern, in einem sehr weiten Sinn.
Das ist der Kern des gemeinsamen Menschseins. Die Unterschiede zwischen den Menschen (Rasse, Geschlecht, soziale Klasse, Überzeugungen) werden oft so groß herausgestellt, sind dagegen aber zweitrangig. Diese
Sicht sollten wir nicht für überholt und antiquiert halten. Gläubige Menschen verschiedener Religionen finden darin die Kraft, sich unbedingt für die Würde des Menschen – der Menschen – einzusetzen. Für die
Würde, die gerade in diesen Zeiten überall in der Welt so stark bedroht ist.
Christen finden in Jesus einen Menschen vor, den Gott-Menschen, der leidenschaftlich Partei ergriff für die auf der Schattenseite des Lebens. Er gab auch Aussätzigen Würde. Auch den verhassten Zöllnern. Auch
Blinden und Lahmen und Kranken. Auch Leuten in Psychosen und von Dämonen Geplagten. Auch einer Ehebrecherin – wir hörten es vor zwei Wochen. Und er konnte sehr hart und streng sein mit denen, die anderen ihre
Würde vorenthielten. Jesus setzte den Menschen sozusagen ehrende Kronen der Würde auf. Im Widerspruch dazu wurde er selber mit einer Dornenkrone verspottet.
Schauen Sie nun einmal auf das Bild. Es fasst nochmal zusammen, worum es hier geht. In der Krypta der Pax-Christi-Kirche in Essen ist diese Figur zu finden. Ich habe einen kleinen Psalm dazu geschrieben:
Menschkönig
So lässig und entspannt,
so unbekümmert
und in sich ruhend
sitzt er auf dem Holzblock,
auf dem harten Holz
unserer harten Welt.
Kindlich wirkt die Gestalt.
Gotteskindlich.
Zuversichtlich,
gelöst. Erlöst.
Trotz allem, was blei-
schwer an uns hängt.
Das Gesicht hat
keine eigenen Züge.
Nicht männlich,
nicht weiblich,
sondern - menschlich.
Für alle stehend.
Körper und Krone
sind aus einem Guss.
Die Krone ist
nicht aufgesetzt,
man kann sie
nicht abnehmen.
Untrennbar verbunden
mit dem Menschen.
Sie glänzt.
„Wir leben vom Glanz.“
(Hilde Domin)
Und feiern ihn –
gerade heute.
Vielleicht denken Sie, jetzt muss der Pastor aber langsam auf Ostern und auf die Auferstehung kommen. Ich denke, wir sind schon die ganze Zeit dabei.
Ostern heißt doch: Jesus Christus wurde von Gott gewürdigt, über den Tod, den entwürdigenden Kreuzestod hinaus, mit dem göttlichen Vater verbunden zu sein. Kann man sich eine größere Würde vorstellen als die,
selbst den Tod zu überwinden und die vorgegebenen Begrenzungen hinter sich zu lassen? Würde ist mehr als soziale Anerkennung und Wertschätzung durch die anderen. Würde ist auch, auf dem Weg Gottes zu sein, des
ewig Lebendigen. Er schenkt die Auferstehung, er würdigt auch uns, mit ihm im Bunde zu sein – für immer und ewig. Unser Leben ist bei ihm gut „aufgehoben“.
Das darf aufs Höchste und Intensivste gefeiert werden. Jetzt, zu Ostern.