Taufpredigt
Predigt am 09.02.2025
In der Messe am 09.02.2025 in Altena wurde eine 17jährige getauft, die schon länger „auf dem Weg ist“: Chiara W. Die Predigt ist formuliert als ein Brief an sie.
Liebe Chiara!
Wir freuen uns, dass Du Dich heute taufen lässt. Es macht uns Mut. Denn im Großen und Ganzen bewegen sich heute junge Leute eher von der Kirche und vom Glauben weg. Du dagegen hast Dich in den letzten
Jahren auf den Glauben und die Kirche zubewegt. Wir Menschen sind keine Herdentiere und müssen nicht tun, was alle – fast alle – tun, was heute üblich ist. Wir sind frei und können in aller Freiheit
einer Stimme folgen, die zu uns spricht – in unser Gewissen hinein, in unser Herz hinein. Diese Stimme bringt ein Suchen in Gang, sie löst Fragen aus, eine heilsame Unruhe. Sie sagt z.B.: Das kann doch
nicht alles sein: Shoppen und Konsumieren, stundenlang Smartphone und Medien, Arbeiten – manchmal bis zum Umfallen – und zum Ausgleich dann Chillen, Partys, Urlaub in Mallorca. Das alles hat seinen Platz,
aber es „ist nicht alles.“
Ich freue mich immer, wenn jemand - vor allem ein junger Mensch - „existentielle Fragen“ stellt. Ein kompliziertes Wort: existentiell. Das sind Fragen wie: Wozu lebe ich eigentlich? Gibt es so
etwas wie einen „Sinn des Lebens“? Was passiert im Tod? Was meint eigentlich das Wort „Gott“? Welche Sehnsucht treibt mich um?
Apropos Sehnsucht: Von dem Franzosen A. de Saint Exupéry, der das schöne Buch vom kleinen Prinzen geschrieben hat, stammt auch dieser Satz: „Wenn du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Leute
zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern wecke in ihnen die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“
Ja, so ist es. Teilen wir in unseren Kirchen die Sehnsucht nach Gott? Nach einem Gott, der uns über alles liebt? Der in gnadenlosen, ungerechten Zeiten für Gnade steht? Der uns liebt, nicht weil wir so
toll sind – sondern weil er so gut ist? Bei dem wir sozusagen „in die Schule gehen können“ und Stück für Stück lernen und erfahren, dass wir uns selber annehmen und „leiden können“ – mit allen Schwächen
und Grenzen, die wir haben? Bei dem Versöhnung, Liebe, Frieden, Hoffnung, Gemeinschaft nicht bloß schöne Worte sind, sondern Wirklichkeit? Der uns Menschen so sehr liebt, dass er uns auch im Tod nicht im
Stich lässt, sondern uns auf ewig in seine Arme nimmt? Ein ganz berühmter Heiliger, Augustinus, hat darum gesagt: „Die Sehnsucht Gottes ist der Mensch.“
Liebe Chiara, auch Du bist die Sehnsucht Gottes. Du stehst dazu – sein Reich ist umgekehrt auch Deine Sehnsucht – das Leben in seiner ganzen Fülle, und nicht bloß auf Schmalspur. Und so lässt Du Dich
jetzt taufen.
Vielleicht helfen uns die biblischen Texte von heute, das noch besser zu verstehen:
In seinem ersten Brief an die Korinther (1 Kor 15,1-11) wendet sich Paulus an die Gemeinde in der griechischen Hafenstadt Korinth. Da kamen Hafenarbeiter und Seeleute zusammen, Hausfrauen und
„Matrosenliebchen“ – insgesamt eher arme kleine Leute. Professoren waren da wohl selten! Aber diesen einfachen und wahrscheinlich ziemlich jungen Leuten ist ein Goldschatz anvertraut: das Evangelium!
Paulus sagt ihnen: „Es ist der Grund, auf dem ihr steht!“ Das heißt: Ihr habt Boden unter den Füßen. Ihr steht nicht auf schwankendem Grund. Dieser Boden gibt euch Halt. Ihr müsst nicht haltlos durch die
Welt laufen und euch alles selbst erfinden. Der Sinn, der Grund – er ist schon da! Ist euch geschenkt, gratis. Umsonst.
Und dann erzählt Paulus von Ostern, von der Auferstehung: „Christus ist am dritten Tag auferweckt worden!“ Ohne dieses neue ewige Leben wäre unser Glaube Müll, wäre höchstens: Seid nett zueinander! (Was
ja schon eine ganze Menge ist!) Und Jesus wäre nur einer von früher, eine Gestalt der Vergangenheit. Eine Notiz im Lexikon: 2000 Jahre her – eine Ewigkeit! Ostern sagt dagegen: Jesus ist Gegenwart. Er
ist da, er ist in unserer Mitte! Er schenkt neues, ewiges Leben. „Ewig“ meint in der Bibel nicht so sehr: Das hört nie auf. Es meint eher: Das Leben ist so intensiv, so voll, so erfüllt, dass du vor
Glück tanzen möchtest – so geliebt und so fähig zur Liebe! Und das Schöne – und oft auch Missverstandene: Dieses ewige Leben beginnt nicht erst, wenn du gestorben bist, im Tod. Solange brauchst Du nicht
zu warten! Nein, es beginnt – in der Taufe! Jetzt! Denn jetzt wird Deine Verbindung zu Gott deutlich, dein Bund mit ihm, der Quelle des Lebens. Jetzt kannst Du feiern: Du bist Kind Gottes,
Tochter-für-immer.
Auch das Evangelium (Lk 5,1-11) erzählt von Jesus. Leben in Fülle! Das wird ganz anschaulich in der Menge der gefangenen Fische: Sie fingen eine große Menge Fische – so viele, dass ihre Netze zu reißen
drohten. Fische in Fülle, Leben in Fülle! Petrus wundert sich erst: Wir haben die ganze Nacht gefischt – das ist die richtige Zeit fürs Fischen, – aber ohne Erfolg. Am Tag es noch einmal versuchen – das
ist doch sinnlos! Aber auf dein Wort hin werde ich noch einmal die Netze auswerfen!
Auf dein Wort hin. Wie gut, wenn wir das so mitsprechen. Auf dein Wort hin kann das Leben sehr überraschend werden und wunderbar. Dann kann sich zeigen, was Gott mit uns vorhat. Dann lassen wir uns von
ihm und vom Leben herausfordern und gehen nicht bloß auf Nummer Sicher. Dann kann das Leben ein spannendes Abenteuer werden. Noch deutlicher sagt es der selige Adolf Kolping: „Wenn du auf sein Wort hin
fischen willst, musst du dein Herz an die Angel hängen!“
Liebe Chiara, du traust Dich zur Taufe hin. Du sitzt jetzt mit im Boot der Fischer, der Jünger – im „Schiff, das sich Gemeinde nennt“. Auch wenn Stürme kommen: Du bist behütet. Trau dich. Und häng dein
Herz an die Angel.