Taufe in der Osternacht

Predigt am 30.03.2024

Ein Afrikaner, genauer ein Äthiopier, Schatzmeister der dortigen Königin, hat als Sympathisant des jüdischen Glaubens eine Pilgerreise nach Jerusalem gemacht und ist nun in seinem Reisewagen heimwärts in der Nähe von Gaza – ausgerechnet dort. Da begegnet er dem Apostel Philippus, sie führen im Wagen ein angeregtes Gespräch über biblische Texte, Philippus erzählt von Jesus. Man kommt zu einer Wasserstelle, zu einem Teich, und der Äthiopier sagt: Hier ist Wasser. Was steht meiner Taufe noch im Weg? Eigentlich nichts, meint der Apostel, und die beiden steigen aus, hinein ins Wasser, Philippus tauft den Hofbeamten. Und der zieht voll Freude weiter, seiner fernen Heimat entgegen.
So erzählt die Apostelgeschichte (8,26-40) von der ersten Taufe eines Menschen aus einem anderen Kulturkreis, aus einem anderen Kontinent.

Herrlich unkompliziert ging das zu. Was fehlt noch? Eigentlich nichts… Da war ein interessierter, suchender, glaubensbereiter Mensch, da war einer, der ihm im Gespräch auf die Sprünge half – ein Apostel –, und da war Wasser. Und Freude auf dem weiteren Weg.

Diese Freude empfinde ich heute Abend auch. In dieser Osternacht wird ein noch sehr junger Mann getauft. Er hat in Afghanistan und im Iran gelebt, ehe er als Flüchtling nach Deutschland kam. Mit der Taufe will er seinen Namen ändern und nun „Felix“ heißen. Felix – das bedeutet: der Glückliche.
Wir haben ihn natürlich gefragt, warum er getauft werden möchte. Er antwortete sinngemäß, das habe mit seinem geänderten Gottesbild zu tun. Da, wo er aufgewachsen ist, war Gott einer, der kommandiert, der bestraft, der die Leute zur Gewalt verleitet, vor dem man Angst hat und sich am besten in Acht nimmt. Immer hieß es: Du musst! So hat er es zumindest weithin erfahren. Und dann hörte er, dass Gott auch ganz anders erlebt werden kann: liebevoll, mit ganz großem Herzen, ein Vater, ein Mitgeher. Einer, der seiner Schöpfung so nah sein will, dass er selber Mensch wird – in Jesus – und allen, wirklich allen Menschen das Heil anbietet.

Allen Menschen. Das tut heutzutage wirklich gut zu hören. Denn unzählige Leute grenzen sich heute lieber ab, fühlen sich nur noch mit ihresgleichen verbunden – Germany first – mit ihren Volksgenossen, mit ihrer sozialen Klasse, mit ihrer Altersstufe, mit ähnlichem Geschmack oder ähnlichem Weltbild. Die „anderen“ gehen einen nichts an, Fremde werden schnell als bedrohlich, als „Feinde“ empfunden. Die Kirche ist sicher auch nicht frei davon – aber der Geist Gottes hat ihr ganz Anderes in die Gene gelegt. Sehr schön drückt Paulus das aus: „Ihr seid alle durch den Glauben Kinder Gottes in Christus Jesus. Ihr alle seid auf Christus getauft. Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau –denn ihr alle seid „einer“ in Christus Jesus.“ (Gal 3)

Paulus leugnet nicht die Unterschiede, aber sie fallen nicht mehr ins Gewicht. Die Verbundenheit mit Christus und in Christus wiegt alles auf. Der Sklave steht hinter dem Freien nicht zurück und die Frau nicht hinter dem Mann! Alle werden als Brüder und Schwestern betrachtet! Aber es dauert Jahrhunderte und Jahrtausende, bis alle das wirklich begriffen haben und nicht weiter ihrem Standesdenken und ihren sozialen Vorurteilen folgen.

Die Taufe sieht vor allem Paulus als großen Befreiungsakt. Das Gottesbild Jesu befreit. Die Angst wird überwunden durch das Vertrauen. Liebe zählt mehr als Macht. Ja, die „Mächte und Gewalten“, die den Menschen so sehr im Griff haben, werden im Wasser der Taufe entmachtet, sozusagen „ertränkt“. Selbst die Macht der Schuld, selbst die Macht des Todes! Die Götzen, die die Welt regieren – das große Geld, die Habgier, die Waffen – werden entthront, zwar noch nicht in der Wirklichkeit der Welt, sondern in mir, dem Getauften. Wer getauft ist, entzieht sich den dunklen Mächten und spürt nun eine andere Berufung, einen anderen Sinn im Leben. Er will Friedensbote sein, Täter der Nächstenliebe, Mensch der Hoffnung. Wer eingetaucht ist in das Taufwasser, wer eingetaucht ist in die Liebe Gottes und in die Verbundenheit mit Jesus, kann befreit aufatmen und vieles hinter sich lassen. Denn viel mehr – und viel Schöneres – liegt vor ihm.

Kein Wunder, dass von Anfang an vor allem in der Osternacht die Christen getauft wurden. Ostern ist der große Feiertag. Gegen den Tod ist kein Kraut gewachsen, sagt man. Alle müssen sterben, und das ist wahr. Unsere Beziehungen enden. Nur eine nicht, sagt Ostern. Die Beziehung zu Gott ist nicht zu Ende, ist nicht zerstörbar, blüht förmlich auf. Das etwa nennt die Bibel „Auferstehung“, und nur das! Keine Rücknahme des Todes, kein Zurückkehren ins alte Leben! Sondern der Aufblick zu Gott: das Leben (mit ihm) ist stärker als der Tod. So ist die Auferstehung „der Aufstand Gottes gegen die Herren – und gegen den Herrn aller Herren, den Tod“ (Kurt Marti). Schon hier, in dieser Welt. Überall da, wo Gottes Kraft sich in liebenden, fürsorglichen, dankbaren, wachen, hoffenden, vertrauenden und vertrauten Menschen zeigt.

Herzlichen Glückwunsch, Felix: Du kannst dazugehören. Du Mit-Bürger im Reiche Gottes.