Fußwaschung

Gedanken zum Gründonnerstag 28.03.2024

In der mittelalterlichen Kirche von St. Gilles-du-Gard (Südfrankreich) finden wir ein schönes Säulenkapitell von der Fußwaschung. Jesus beugt sich herunter, geht vor Petrus auf die Knie, greift nach dessen Fuß. So weit, so gut.
Und Petrus? Der greift sich an die Stirn. Das ist unüblich und einzigartig in der Kunst. Ich weiß nicht, ob man im Mittelalter schon das kannte: „einem anderen den Vogel zu zeigen“: Du bist bekloppt, du bist verrückt!
Wahrscheinlich hatte der Künstler das nicht im Sinn. Eher stellte er das Wort des Petrus aus dem Evangelium dar: „Herr, wenn ich nur durchs Waschen Anteil an dir bekomme, dann wasch mir bitte nicht nur meine Füße, sondern auch die Hände und das Haupt.
“ Wasch mir den Kopf, diesen widerspenstigen Schädel, der so schwer begreift, der so dickköpfig sein kann. Wasch meinen Kopf, mit dem ich so oft durch die Wand will. Wasch mir den Kopf, den ich manchmal förmlich verliere, so dass ich richtig kopflos bin.

Im „Kopfwaschen“ ist unsere Zeit ziemlich gut. Im Füßewaschen weniger. Die Leute denken immer noch ziemlich hierarchisch, im Schema von „oben und unten“, von Herr und Knecht. Jesus ist doch der „Herr“, der Chef der Jünger! Der soll sich bedienen lassen – doch nicht selber dienen! Die Außenministerin trägt bei einem Empfang ja auch nicht die Suppe auf. Damals, zur Zeit Jesu, hatte man Sklaven im Dienstpersonal, die waren zuständig für die Drecksarbeit, fürs Waschen der staubigen Füße z.B., mit denen die Gäste ins Haus kamen. Kein Hausherr hätte das damals gemacht. Man hätte ihn ausgelacht, man hätte ihm „den Vogel gezeigt“, ihn für verrückt gehalten.

Jesus hat wirklich eine Menge „verrückt“ an gängigen Meinungen, an der Auffassung von „oben und unten“, von Herrschen und Dienen. Wer die Armen seligpreist, kann bei den vielen, die vor allem reich, erfolgreich und wichtig werden wollen, keinen Blumentopf gewinnen. Papst Franziskus, ein Freund der Armen, kriegt heftigen Widerstand ab: bitte keine „Kirche der Fußwaschung“, sondern eine Kirche der gepflegten Bürger, einer ästhetischen Liturgie, gerne in Latein, die Mächtigen in der ersten Reihe, mit Glanz und Gloria.

Nein, bitte keine „Fußwaschung“. Bitte kein Gerede vom Dienen, sagen viele „moderne“ Aufsteiger-Typen – die Trendsetter unserer Zeit. Wir brauchen und suchen stattdessen Steigerung und Stärkung unseres Selbst, wir brauchen Selbstoptimierung. Wir wollen nach vorn und nach oben: “My person first“!

Ich halte mich da lieber an Christus. Der hat das Dienen vorgelebt - und das heißt: Füreinander da sein. Den anderen „mitnehmen“ und nicht abhängen. Das Wohl vieler wollen und dazu beitragen. Das ist das viel beschworene „christliche Menschenbild“: Der Mensch als Geschöpf und „Kind“ Gottes wird den anderen zum Bruder und zur Schwester. Nicht zum Konkurrenten, der ihm kaum „die Wurst auf dem Brot gönnt“! Das Füreinander ist der Weg, und das Miteinander ist das Ziel. Und die Fußwaschung ist ein sehr deutliches, leicht „verrücktes“ Zeichen dafür. Das Zeichen Gottes in unserer Mitte.