Werner Butzki (90) +

Predigt am 27.03.2024

Wir sind jetzt in der Karwoche. Wenn wir die biblischen Texte der Leidensgeschichte gut mitgehen, dann merken wir, wie dort so viele Facetten des menschlichen Lebens angesprochen werden: Zustimmung und dann Ablehnung von anderen, Verrat und Verleugnung, die Gruppe, die sich zum Essen, zum Mahl zusammenfindet, Gemeinschaft und allein gelassen werden, kleine Zeichen der Hilfe wie durch Veronika und Simon von Cyrene, Gottverlassenheit und Gottesnähe, kurz: Leben und Tod. Und wieder Leben, können wir von Ostern hersagen. Und das alles am Beispiel eines Menschen, des Gottmenschen Jesus Christus, der gekreuzigt wurde, der grausam starb, und an dem dann etwas geschah, das wir mit einem geheimnisvollen Wort „Auferstehung“ nennen. In all dem geht es hintergründig um die Liebe – mangelnde Liebe in der Welt und gelebte, ausstrahlende Liebe bei Jesus. Immer hat er geliebt – gerade auch die Armen und Kleinen, die Kranken und Ausgestoßenen. Immer hat er geliebt, vor dem Kreuzestod ist er nicht geflüchtet, sondern den ganzen Weg der Liebe zu Ende gegangen. Und dieser Weg geht weiter, ist durch das Kreuz nicht zu Ende. Geht weiter, bis heute. Gott, der so abwesend scheinende, ist uns nah, geht mit uns, in der Tiefe unseres Herzens, in der Tiefe unseres Lebens.

In diesen Tagen also verabschieden wir uns von Werner Butzki. In der Todesanzeige wird von den vielen Wandertagen gesprochen. Das kann ganz konkret gemeint sein – Werner Butzki ist gern und viel gewandert – auch Berge hinauf und hinunter. Das kann aber auch ein Bild sein für die Lebenswanderung: wir gehen einen Weg, auf dem wir uns entwickeln und verändern, auf dem wir zu dem werden, wer wir sind – zu unserer Person oder Persönlichkeit.
Werner Butzkis Leben verlief sehr gradlinig. Er ist sich selber immer treu geblieben. Da waren keine großen Sprünge. Da war eher treues Weitergehen und viel Konstanz. Zum Beispiel: Er hat immer in Lüdenscheid gelebt. Geboren 1933 in einer Familie, die ihre Wurzeln in Ungarn und dann in Danzig hatte, war er der Älteste von vier Kindern. Die beiden Brüder sind schon tot, die Schwester Gertrud ist jetzt hier dabei. Sein Vater starb früh bei einem Verkehrsunfall. Werner Butzki machte eine Lehre als kaufmännischer Angestellter. Jetzt kommt eine Zahl, die seine Treue und Konstanz beschreibt: 70 Jahre war er Mitglied der Kolpingfamilie, und zwar wirklich aktiv: 35 Jahre in der Vorstandsarbeit als Schriftführer und Kassierer. Die Kolpingfamilie war ein ganz zentraler Baustein, ein Grundstein in seinem Leben; hier fand er seinen Freundeskreis – die Menschen, die ihm wichtig blieben. An wie vielen Veranstaltungen in diesen 70 Jahren mag er teilgenommen haben, wie viele Reisen und Fahrten hat er mit Kolping unternommen? „Aber freitags gehe ich zu Kolping!“, das war fast ein geflügeltes Wort im Hause Butzki. Hier war auch sein Ort, sich innerhalb seiner Kirche und Gemeinde zu engagieren. Er war ein gläubiger Christ, und es gab sicher nicht viele Sonntage, an denen er in St. Joseph und Medardus nicht zu sehen war.

Mit Ende 20, Anfang 30 geschahen zwei entscheidende Weichenstellungen in seinem Leben. 1962 wurde er Friedhofsverwalter des katholischen Friedhofs und Rendant seiner Pfarrei. Sein Büro war in dem Anbau der Vikarie, da, wo heute Beates Kerzenladen ist. Die ganz moderne Büroverwaltung von heute, in der das Digitale herrscht, blieb ihm erspart. Werner Butzki war ein ausgesprochener Schreibtischmensch mit zahllosen Akten und Karteikarten, mit denen er sorgfältig umging. Noch bis in seine letzten Wochen „sortierte“ er zuhause seine Akten und Papiere – das gehörte zu seinem Naturell. 1996, nach 34 Arbeitsjahren im Schatten des Kirchturms, ging er in den Ruhestand.

Fast zeitgleich mit diesem Dienstbeginn lag auch die Familiengründung. Seine zukünftige Frau Ingrid Henne war ihm nicht unbekannt. Bei einem DJK-Fest 1960 „funkte“ es zwischen den beiden. 1962 verlobten sie sich und fuhren anschließend nach Rom, 1963 heirateten sie in der neuen Kirche Maria Königin. 1964 kam Sohn Martin zur Welt, vier Jahre später Thomas. Vier Enkel waren ihm vergönnt. Während der mehr als 60 Jahre Ehe wohnten die Butzkis ununterbrochen an der Herscheider Landstraße.

Werner Butzki war ein Mensch, der sich nicht in den Vordergrund drängte – eher ein Stiller im Lande, ein wenig ein „Josefstyp“. Er las gern, bis zum Schluss auch die Tageszeitung, hielt den Garten in Ordnung, reiste in die Berge und später lieber an die See, interessierte sich für Eisenbahnen und fuhr auch gerne Zug. Handwerkliche Begabung konnte man ihm nicht nachsagen, das Bürokratische lag ihm mehr. Seine Familie erfuhr ihn als sehr fürsorglich, er half nach Kräften. Er war fleißig, immer freundlich und dankbar – dankbar für sein ganzes Leben. Auch seine Krankheiten nahmen ihm nicht dieses Grundgefühl der Dankbarkeit. Schon früher hatte er einen Schlaganfall und Lungenembolien überstanden. In den letzten Jahren zeigte sich die Demenz. Nachdem er am 16.3. einen Schlaganfall zuhause erlitten hatte und nicht mehr ansprechbar war, starb er am 17.3., dem Passionssonntag, im Krankenhaus Hellersen einen gnädigen Tod, ganz ruhig und ohne Schmerzen „hauchte er seinen Geist aus“, wie es den Angehörigen schien. Ähnlich wie die letzten Worte Jesu bei Lukas: Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist!

In diesen großen Händen möge er nun in Frieden ruhen.