Jesus im göttlichen Licht - Verklärung

Predigt am 25.02.20243

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Wenn im Fernsehen am Wochenende ein spannender Film gezeigt werden soll, dann gibt es schon Tage vorher Programmhinweise – eine Vorschau von 20, 30 Sekunden. Die Leute sollen neugierig werden. Die spannendsten Szenen sind kurz angedeutet, aber die Vorschau bricht beim Höhepunkt ab. Den sollen die Leute am Sonntagabend in voller Länge genießen.
So eine Art Programmvorschau ist dieses Evangelium von der Verklärung. Eine Vorschau auf Ostern, auf die Auferstehung und die Herrlichkeit, die dann an Jesus geschieht. Der Einbruch des „Überirdischen“, für das uns die Worte fehlen. Eigentlich kann man da nur stammeln, und wir können den Petrus gut verstehen, der ja sonst mit dem Mund immer schnell dabei ist: „Er wusste nämlich nicht, was er sagen sollte.“

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In welcher Lage waren die Jünger damals, als das auf dem Berg Tabor passierte? Sie alle spürten die Gefahr. Die Zahl der Gegner von Jesus wuchs. Die Konflikte mit den führenden Männern Israels verschärften sich. Verfolgung drohte, vielleicht sogar die Hinrichtung. Das Kreuz warf sozusagen seinen Schatten voraus. Petrus, immer vorneweg, wies den Gedanken an den drohenden Tod Jesu zurück: „Das verhüte Gott, das darf niemals geschehen!“ Den Jüngern dämmerte es: Der Weg mit Jesus ist kein harmloser idyllischer Spaziergang! Irgendein Kreuzweg kommt. Für den gibt es keine Umgehungsstraße.

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In diese Dunkelheit und Angst fällt nun ein Licht – so wie auch uns in trüben Tagen manchmal ein Licht aufgehen kann! Vielleicht kommt das Licht, wenn wir etwas Abstand nehmen, sozusagen „auf den Berg steigen“, zur Ruhe kommen, nachdenken und beten. Jesus erlebt auf dem Berg Tabor eine Vorschau auf das Ende, auf das Ziel. Das Ende ist nicht Finsternis und Kreuz, sondern Glanz und Ostern. Wie ein „Blitzlicht“ – kurz und strahlend – taucht hier schon Ostern auf, im Bild des hellen überwältigenden Lichts. Petrus möchte das festhalten – das ist so menschlich: es soll andauern. Er schlägt vor, drei Hütten zu bauen – für Jesus, für Mose und Elija, die beiden großen Gestalten des Alten Bundes, die auch auf ihre Weise die Nähe Gottes erfahren hatten, in ihrer Einsamkeit und in ihren inneren Nöten. Aber das ging nicht mit dem Hüttenbau. Denn es war ja noch nicht das Ziel – nur die Vorschau darauf. Jesus und seine Jünger müssen wieder herunter vom Berg, von diesem „Gipfelerlebnis“ ganz besonderer Art. Herunter ins Tal, herunter in die Arbeit und in den Alltag. Herunter zu den Leuten, die sich herandrängen an Jesus mit ihren Krankheiten und Leiden. Und so geht es durch das Tal hin zum nächsten Berg. Nach Golgota.

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Aber wir dürfen vermuten: Sie gehen anders. Entschlossener. Gestärkt, getröstet. Jahrzehnte später wird es im Petrusbrief heißen: „Wir sind nicht irgendwelchen Märchen und Fabeln gefolgt. Nein – wir sind Augenzeugen seiner Herrlichkeit gewesen auf dem Berge.“(2 Petr 1,18). So tief sind Jesus und seine Jünger davon geprägt worden. Es war noch nicht das Ziel – es war die Vorschau auf das Ziel, das sie gestärkt hat.

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Jeder von uns wird auch so einen Weg der Dunkelheit kennen – eine dunkle Spur in seinem Leben. Gott bewahrt uns nicht vor diesem dunklen Weg und nicht vor Kreuz und Leid. Aber in der Dunkelheit kann er uns stärken. Nicht vor dem Leid (wie wir das gerne hätten!), sondern im Leid. Und er kann uns solche Lichtblicke schenken, solche „Verklärung“, solche Momente des tiefen Glücks, in denen etwas von Gott deutlich aufscheint.

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Beispiel aus der Heiligen Schrift: Stephanus. Bald nach Ostern tritt er auf – sein Herz brennt für Jesus. Er ist ein glühender Gläubiger. Viele Juden sind heftige Gegner. Als sie ihn vor Gericht verhörten, heißt es in der Apostelgeschichte: „Die Leute sahen sein Angesicht leuchten wie das eines Engels.“ Und als sie ihn steinigten, rief Stephanus aus: „Ich sehe den Himmel offen!“ Mitten in der Steinigung, in seinem Untergang ein offener Himmel – wie eine Vorschau dessen, was Stephanus erhofft.

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Beispiel aus der Seelsorge. Als Kaplan in Bochum habe ich einen alten krebskranken Mann aus Schlesien betreut, der furchtbare Schmerzen hatte. Im Krankenhaus konnte man nichts mehr für ihn tun. Er war zuhause, aber seine Familie fühlte sich hilflos und sagte manchmal: Es ist nicht zum Aushalten mit ansehen zu müssen, wie unser Opa leidet – und man nicht helfen kann! Ich brachte ihm die Kommunion. Und da kam ein Strahlen, ein Leuchten in sein Gesicht, das ansonsten oft schmerzverzerrt war. Ich fragte ihn: Haben Sie denn jetzt keine Schmerzen mehr? Ich konnte mir das gar nicht vorstellen. „Doch“, sagte er. „Die Schmerzen sind genau so groß. Aber jetzt ist doch Jesus da!“ Da hat ein Mensch das Sterben vor Augen, hat große Schmerzen, und kann sagen: Jetzt ist doch Jesus da – und sagt das mit einem leuchtenden Gesicht!

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Das etwa ist Verklärung auf dem dunklen Weg. Wir müssen ihn gehen. Wir können ihn nicht abkürzen. Aber Gott schenkt uns – vielleicht – einen Hinweis, eine Vorschau auf das Ziel, das er mit uns Menschen hat. Und dann können wir leuchten und strahlen. Strahlen, wie wenn man verliebt ist. Leuchten, wie wenn man die Liebe erfährt.