Mit welchen Wassern gewaschen

Predigt am 07.01.20243

Muss man Altenaern was zum Thema Hochwasser sagen? Wohl kaum. Sie verste-hen, was viele Menschen in Norddeutschland jetzt durchmachen. Dieser Aufblick zum Himmel: Regen ohne Ende. Hoffentlich halten die Dämme. Hoffentlich geht keiner unter!

Ja, man kann Wasser herbeisehnen – in Trockenzeiten, in der Dürre – und man kann sich vor Wasser fürchten, wie jetzt. Es kann stehen für Leben, und es kann stehen für Tod.

Ganz zentral ist das Zeichen „Wasser“ in der Taufe. Äußerlich passiert da ja nicht so viel; ein bisschen Wasser fließt über den Kopf eines Kindes. Aber was steckt nicht alles in diesem Zeichen! Sehr schön hat es der Priester und Dichter Wilhelm Willms ausgedrückt; er legt einem Elternpaar in den Mund:

„Wir möchten nicht, dass unser Kind
mit allen Wassern gewaschen wird.
Wir möchten, dass unser Kind mit dem Wasser christlichen Geistes
gewaschen/übergossen/beeinflusst/getauft wird,
mit dem Wasser der Barmherzigkeit, der Liebe und des Friedens.
Wir möchten und hoffen, dass unser Kind
das Klima des Evangeliums findet.
Wir möchten nicht, dass unser Kind
mit allen Wassern gewaschen wird…“


Zweimal hieß es: mit allen Wassern gewaschen. Das wird hier abgelehnt: Wir möchten nicht. Das Entscheidende im Leben ist doch nicht, immer auf den eigenen Vorteil bedacht zu sein, wenn es sein muss über Leichen zu gehen, clever und raffiniert nur seine eigenen Ziele zu verfolgen.

Aber so ganz kommen wir ohne das „Mit-allen-Wassern-gewaschen-sein“ nicht aus. Wir sind Kinder Gottes, aber auch Kinder dieser Welt, und dieser Zeit, trainieren deren Spielregeln, üben sie schon früh ein. Zum Beispiel: Haste was, dann biste was!

Das sind Strömungen, in die sehr viele Menschen tief hineingetaucht sind: in die Orientierung am Geld, am Wohlstand, am Haben. Wer viel hat, der kriegt dadurch Ansehen, der ist angesehen: so ein schönes Haus, so ein großes Auto, so ein attraktiver Beruf!

In der Taufe geht es um etwas ganz Anderes. Nicht, was wir haben, rückt in den Blick, sondern: wer wir sind. Wir möchten, dass unser Kind mit dem Wasser christlichen Geistes übergossen, getauft wird. Wer mit allen Wassern gewaschen ist, kann hinterher reich und gesellschaftlich angesehen dastehen. Aber vielleicht ist er innerlich, in seiner Seele und seinem Herzen, arm dran. Vielleicht hat er alles, nur keine Zeit. Oder keine Freunde, keine Geborgenheit. Ja, am Haben kann man auch ersticken und leblos werden. Man erlebt dann vieles, aber die Liebe bricht immer wieder ab. Man schaut in den Spiegel und weiß nicht, wer man ist.

Wer sind wir denn? Die Taufe deutet an: Du, kleiner oder großer Mensch, hast Ansehen! Nicht weil du dir eine große Position erarbeitet hast, sondern weil du – Mensch bist! Gott hat dich angesehen. Gott sieht dich an. Mit Augen voller Liebe. Das ist dein Startkapital fürs Leben. Liebe von Gott, Liebe von den Menschen. Du bist Kind Got-tes. Du bist es wirklich! Teil Seiner Schöpfung. Übergossen, getauft mit dem Wasser des Lebens, gehörst Du zu etwas Größerem als nur zu deiner eigenen Alltagswelt. Du bist ein Bürger auch im Reich Gottes. Umspült – oder mindestens: benetzt – vom Wasser der Barmherzigkeit, der Liebe und des Friedens. Wenn du in den Spiegel schaust, dann tu es mit Selbstbewusstsein. Auch wenn du nichts oder nur wenig auf dem Bankkonto hast und du niemals in der Zeitung stehst! Du bist berufen, mit Gott verbunden zu sein.

Im Evangelium (Mk 1,7-11) hören wir von Jesus, der wie ein Nobody, ein Niemand in den Jordan steigt und sich taufen lässt. Niemand erkennt ihn – außer dem Täufer Johannes. Jesus macht es so wie alle anderen, er taucht ein ins Wasser. Ein Mensch unter Menschen, ganz normal. Und dann, gleich danach, eine Enthüllung, was da wirklich passiert ist, sozusagen auf den zweiten Blick: Jesus sieht – nur er allein, die anderen kriegen es nicht mit –-, dass der Himmel sich öffnet, der Geist wie eine Taube auf ihn kommt und eine Stimme aus dem Himmel ihn als geliebten Sohn bezeichnet. Ein ganz normaler Mensch – und gleichzeitig der geliebte Sohn Gottes! Himmel und Erde kommen zusammen, sind keine getrennten Bereiche mehr. Gott und Mensch verbinden sich. In Jesus wird das sichtbar und greifbar. Ein Mensch wie wir – und zugleich ein Mensch, uns immer voraus.

Taufe sagt: Folgt ihm. Helft mit, dass das Klima des Evangeliums sich ausbreiten kann, wie ein frischer Wind in der abgestandenen Luft der Zeit und auch der Kirche. Freut euch, dass Erde und Himmel sich verbinden und wir an beidem Anteil haben. Sorgt mit dafür – gerade in unseren Tagen, jetzt –, dass der Blick auf die Erde, auf das Materielle nicht alles andere verdrängt. Dass nicht volle Kühlschränke und volle Konten unser ganzes Weltbild ausmachen. Vergesst den Himmel nicht. Sucht ihn nicht über den Wolken, sondern in unserer Wirklichkeit. Der Himmel gibt ihr die Tiefe. In ihr hat sich Gott verborgen.