Silvester 2023



Alles Gute im Neuen Jahr!
Vor allem Gesundheit!
Das sagt oder schreibt man mir
am häufigsten in diesen Tagen.
Und danach kommt:
Wir leben ja in beunruhigenden Zeiten!
Beunruhigende Zeiten – ja,
wer könnte die leugnen?
Mag es den meisten privat
noch recht gut gehen –
das öffentliche Leben liegt darnieder.
„Die Welt wartet auf frohe Botschaften,
aber sie kommen nicht“, schreibt
der Chefredakteur der ZEIT
in seiner Jahresbilanz. Recht hat er:
kein Ende in Sicht bei den Kriegen,
weltweit Krisen ohne Ende.
Trump steht wieder vor der Tür.
Unser Land scheint müde und erschöpft.
Die Corona-Pandemie wirkt
in den Herzen nach.
Menschen haben sich zurück-
gezogen ins Private, wollen
in Ruhe gelassen werden.
Wir schaffen das - hieß es früher.
Wir schaffen das nicht mehr,
heißt es heute.
Alles Mögliche wird geschlossen:
Kirchen, Restaurants, Buchhandlungen.
Das Vertrauen ist auf Sparflamme,
weder Politik noch Kirche
können darauf zählen.
Und dann der Hass, der giftige Hass,
die Gereiztheit in den Debatten,
Toleranz wird zur Mangelware.
Eine Gruppe junger Menschen,
mit Namen „Die letzte Generation“,
klebt sich an die Straßen,
sucht Aufmerksamkeit
für das zentrale Anliegen der Welt,
für das Klima,
und erntet nur Wut und Hohn.
Ja, der Ausblick auf 2024
kann schon deprimieren …
Der Blick
aus Angst und Sorge …

Die kritischen Geister
haben ja durchaus Recht.
Und dennoch!
Ich möchte
nicht fixieren auf das Negative.
Ich möchte mich nicht
lähmen lassen
und bestehe auf Zuversicht.

Woher die Zuversicht nehmen
bei so vielen Phänomenen der Krise?
Gott sei Dank gibt es im Alltag
noch so viele „normale“ gute Erfahrungen, die uns guttun:
Freundlichkeit und Humor,
Hilfsbereitschaft und Anteilnahme,
gute Worte und gute Taten.
Und so kommt Dankbarkeit in den Blick.
Wie gut,
dass dieses menschliche Verhalten
nicht „einknickt“, sondern uns weiterträgt!

Der dankbare Blick achtet auf die anderen,
die wohlwollend mit uns leben,
achtet auf das Schöne, das uns reicher macht:
Natur, Musik, Sport oder Reisen –
und achtet auf die Fähigkeiten,
die in uns sind und anderen zugutekommen:
großer Dank dafür,
wenn das alles auch
im kommenden Jahr lebendig ist …
Die größte Quelle der Zuversicht
öffnet sich im Glauben.

Als ich an der Vorbereitung
dieser Predigt saß und
eigentlich genau an dieser Stelle war,
schickte mir ein Freund
ein Foto auf WhatsApp:
eine Himmelslandschaft,
unten noch ein paar Bäume,
und im Himmel die Schrift:
„und mit euch gehen
in ein neues Jahr…“
Das Zitat kennen Sie doch sicher?
Ja, die guten Mächte von Dietrich Bon-hoeffer!
Die erste Strophe … (GL 430)
Dieser kluge Kopf war der Weltmeister
von Zuversicht und Gottvertrauen.
Sein Gedicht schreibt er Silvester 1944
also vor genau 79 Jahren.
Der Widerstandskämpfer gegen Hitler
sitzt in einem Berliner Gefängnis.
Seine Lage ist unklar, er weiß nicht,
ob er lebendig da rauskommt.
Vier Monate später, kurz vor Kriegsende
wird er hingerichtet.
Jetzt aber fallen die Bomben auf die Stadt,
es ist zum Verzweifeln.
Aber Bonhoeffer in seiner Zelle
Ist reine Zuversicht:
„Von guten Mächten wunderbar geborgen
Erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist mit uns am Abend und am Morgen
Und ganz gewiss an jedem neuen Tag!“

Bonhoeffer war gewiss kein Träumer
oder einer, der sich alles schönredet.
Er hat sich die Zuversicht
nicht herbeigeredet,
um das Elend aushalten zu können.
Er spricht das Wort Gott aus /
und meint nicht, dass Gott
die Bomben und die Zerstörung verhindert,
dass im neuen Jahr 1945
der Frieden vom Himmel fällt.
Eine solche Zuversicht zielt ins Leere,
Es ist keine Form des „Wünsch-dir-was“.
wie wir es heute sehen in der Ukraine.

Zuversicht auf Gott:
Dass Gott uns in der Regel
nicht vor dem Leid bewahrt,
vor der Krankheit, vor dem ganz Schweren,
sondern
dass Gott uns in allem Leid hält und stärkt
und durchträgt,
dass wir zu ihm gehören
und er wirklich – in Jesus Christus –
der Mitgeher ist.
Er hat Ahnung vom Leid.
Das Kreuz hat sehr weh getan,
ist der absolute Tiefpunkt.
Aber auch der Durchgang zur Auferstehung,
die in Bonhoeffer aufgeleuchtet ist,
damals zu Silvester ´44.
Und die in uns aufleuchten kann,
trotz allem.
Auch im neuen Jahr!