Impulse am Ostermontag

Ostermontag 13.04.2020

Emmaus in Corona-Zeiten

Das Bild von Janet Brooks-Gerloff
(zu sehen im Kreuzgang der Abtei Kornelimünster)
zeigt eine große Leere.
Die Wanderer gehen durch eine Landschaft,
die leer ist, wüstenähnlich.
Solche leeren Räume - menschenleer -
haben wir in den letzten Wochen erlebt:
Räume und Plätze, die sonst belebt und bevölkert waren.

Und jetzt ist alles leer.
Kontaktverbote liegen über dem Land.
Großeltern sehen ihre Enkel nicht.
In Altenheimen bleiben die Angehörigen außen vor.
"Und die Erde war wüst und leer" -
auf der ersten Seite der Bibel.

Dazu kommt in unserem Bild
die innere Leere und Traurigkeit der Wanderer.
Sie haben das Kreuz gesehen.
Sie haben den Todesschrei Jesu im Ohr.
Die Jesus- Bewegung ist zusammengebrochen.
Der Kreis der Jünger ist auseinandergelaufen.
Eigentlich wissen die beiden nicht wohin.
Erst mal Abstand bekommen!
Am besten zuhause, in ihrem Dorf. In Emmaus.
Wuchtig, wie schwarze Blöcke gehen sie dahin.
Schwarz ist die Farbe der Trauer.
Über den beiden hängt ein riesengroßes
unsichtbares Fragezeichen. Was nun?
Was heißt "Zukunft" für uns?
Kann Emmaus unsere Zukunft sein?

Solche großen Fragezeichen
empfinden viele Menschen heute deutlich.
Wie damals in Jerusalem
ist ihre Sicht der Welt durch-kreuzt,
durch-gestrichen.
Nichts läuft mehr wie geschmiert.
Da ist lauter Sand im Getriebe.
Ein ganz kleines Virus
bedeutet eine ganz große Störung.
Es ver-stört -
wie damals der Tod Jesu.

Was ist denn noch da an Positivem?
Gut, darüber nachzusinnen in Zeiten der Krise!
Gut, zu überlegen, wo die Hoffnung denn "andocken" kann.

Da ist die Zahl: zwei.
Zwei können nicht die Welt aus den Angeln heben.
Aber sie können miteinander sprechen,
sich gegenseitig stützen.
Zwei sind die kleinste Gemeinschaft -
sehr spürbar in diesen Tagen!
Zwei sind der mögliche Beginn von Heilung.
Zwei - ein Paar.

Aber drei ist die Gotteszahl.
Im Bild ist noch einer dabei.
Jesus.
Nur angedeutet, nur ein Umriss,
nur eine Skizze.
Durchscheinend, transparent.
Der so Skizzierte kann sich "verflüchtigen":
Er wird dann nicht mehr wahrgenommen.
Man kriegt nichts von ihm mit, vergisst ihn.
Man kann ihn ja so leicht übersehen
und überhören in unserer Welt!
Er kann sich aber auch "verdichten",
der Umriss kann sich mit Leben füllen.
Das geschieht im Osterglauben!
Da haben die ersten Christen es erfahren:
Jesus lebt -
trotz Tod und Kreuz und allem!
Er ist die Fülle des Lebens!
Er geht mit uns unseren Weg.

Wie die Kinder könnten wir
die Skizzenfigur ausmalen,
ganz bunt malen -
bloß nicht nur Schwarz-,
könnten sie mit Farbe und Leben füllen.
Und ihr trotzdem ihr Geheimnis lassen.
Einen Auferstandenen kann man
letztlich nicht darstellen.

Aber er wirkt.
Er wirkt in seinem Wort.
Sein Wort geht mit.
Unterwegs: ein Wortgottesdienst.
Die beiden Jünger beginnen zu verstehen:
Musste nicht Jesus all das erleiden?
Kann grenzenlose Liebe dem Tod ausweichen?
Vielleicht kann sie den Tod überwinden?
Der Verneinung des Lebens
eine große Bejahung entgegensetzen?

Sein Wort geht mit
als ein Augen- und Ohrenöffner,
als Stärkung und Wegweiser.

Und das Mahl kann gefeiert werden-
zu dritt
und bald wieder von vielen
und das Herz kann brennen
lichterloh
oder heruntergebrannt
zur Glut
die wärmt -
herz-erwärmend -

und ein Auftrag
kann wach werden:
Denkt an die anderen!
Erzählt.
Teilt mit,
was ihr erfahren habt-
unterwegs.
Stärkt die Schwestern
und Brüder.

Jesus geht mit
auf eurem Weg
in die verwandelte Welt,
in der der Tod
nicht abgeschafft,
aber entthront ist.
Denn die Liebe
Ist stärker als der Tod.
Geht
Schritt für Schritt.
In eurem Tempo,
in eurer Art.
Mit euren Ängsten
und eurem Zögern.
Aber geht!

Ihr seid getragen
begleitet
gesegnet
Schritt für Schritt


Der Mitgeher

Jesus Christus,
du bist der Mitgeher.
Hier im Bild
bist du auf Augenhöhe,
brüderlich.
Deine Hand
auf meiner Schulter.
Dein Blick
in derselben Richtung,
nach vorn.
Dein Weg -
mein Weg.
Du hast
das große Wort
im dicken Buch.
Ich dagegen:
Dein Wort
auf dem kleinen Zettel
meiner Armseligkeit.
"Spickzettel",
um es nicht zu vergessen.
Um damit zu leben.
Um weiterzugehen
ins Ungewohnte
und Unbekannte -
mit Nähe und Freundschaft,
mit Vertrauen und Zuhören,
mit Treue und Geduld,
mit - Auferstehung
und österlicher Kraft.
Und so
wirst du alles wenden
zum Guten.
Zerfällt auch meine Welt,
erlischt auch das Vertraute -
du bleibst mein Fels,
mein Gott -
die Zukunft, die auf mich
wartet.


Corona- Litanei
(frei nach Jacqueline Keune,
Theologin in Luzern)

Abgesagt
Haydn, Mozart, Schubert
und die großen Konzerte
Nicht abgesagt
Klavier und Blockflöte zuhause
und draußen das Lied der Amsel

Abgesagt
der große Blumenstrauß
zum Geburtstag
Nicht abgesagt
das Blühen und Prangen
das Keimen und Knospen

Abgesagt
die Hochzeitsfeier
Nicht abgesagt
die Liebe

Abgesagt
der Traum
vom Urlaub in Cuba
Nicht abgesagt
der Traum von der neuen Erde
vom neuen Himmel

Abgesagt
der Gottesdienst
die festliche Osternacht
Nicht abgesagt
das Beten
das Flüstern mit Gott

Abgesagt
das Osterfeuer
Nicht abgesagt
die Auferstehung