Bußakt am Reformationstag in der evgl. Christuskirche

Reformationstag 31.10.2017

Ich gehöre zur römisch-katholischen Kirche.

Meine Kirche war oft und immer wieder in der Gefahr, mehr römisch als katholisch zu sein. Katholisch - das ist etwas Wunderbares: es bedeutet: weltweit, weit, universal. Unter dem katholischen Dach finden viele Platz.

Aber römisch - und nur römisch - das ist eine Mentalität, die es vielleicht auch in anderen Kirchen und Gemeinschaften gibt. Es meint: wir zuerst, und manchmal: wir allein. Wir allein sind die wahre Kirche. Und dann wird die Kirche interessanter und bedeutsamer als Jesus Christus. Von ihm wird natürlich weiter viel und laut geredet, aber das Haupt-Interesse hat die sich so missverstehende Kirche an sich selbst, an der Institution. Selbstbezogen kreist sie um sich selber. Früher wärmte sie sich an ihrem Glanz, ihrer Größe, ihrer Macht. Heute, da der Glanz verblasst scheint, führt sie endlose Debatten über Strukturen, über Strategien des Überlebens. Sie führt Debatten über sich selbst. Da musste ein Papst von weither, "von den Rändern der Welt" kommen und ihr sehr deutlich ins Gewissen reden, sofern sie in erster Linie "römisch" und erst in zweiter Linie katholisch war. Er sagt: Geht hinaus. Dient wirklich und selbstlos - und nicht auf dem Papier - den Menschen. Seht auf die Armen. Klammert euch nicht an eure Besitzstände. Dann seid ihr dabei, Jünger Jesu Christi zu werden. Schaut nicht bis zu eurem Kirchturm, schaut auf Jesus. Lasst euch von IHM erneuern.

Herr, lass uns alle zusammen eine wirklich bescheidene, wirklich barmherzige, wirklich dienende Kirche sein. Vertreib aus unserem Mund die großen Worte, die nicht gedeckt sind.
Hol uns heraus aus der seichten Anpassung an die Welt - mit ihrem Erfolgsdruck, mit der Verherrlichung des Gelds, mit ihrer Distanz zum Kreuz, zum Leiden und zu den Leidenden.
Schenke und festige in uns das feste Vertrauen, dass Du uns führst, dass Dein Geist die richtigen Schritte zeigt. Führe uns in die harte Schule der Umkehr, nimm uns den Ballast aus den Händen und den Herzen. Ermuntere uns zur Einheit, so verschieden wir auch weiterhin sind.

Amen.