Euer Ja sei ein Ja!

Predigt am 12.02.2017

"Euer Ja sei ein Ja, euer Nein sei ein Nein", sagt Jesus - eindeutig wie er ist.

Euer Ja sei ein Ja. Sie erinnern sich vielleicht an Vaclav Havel: ein tschechischer Schriftsteller, Philosoph, Regimekritiker im Widerstand gegen den Kommunismus. Immer wieder landete er im Gefängnis. Als die Tschechen 1989 ihr Regime loswurden, wurde Havel an die Spitze des Staates gewählt. Er hatte dann als Präsident ein großes Thema: Wahrheit und Lüge. Die alte Herrschaft, die wir hinter uns lassen, der Kommunismus, so sagte er, war auf Lügen aufgebaut, auf Propaganda und Betrug. Alle großen Worte wie "Frieden" oder "Recht" oder "Freiheit" waren missbraucht, entstellt und verhunzt. Das Neue, das wir jetzt schaffen, darf so nicht enden: in der Lüge.

Gut, wenn es heute noch solche Präsidenten und Politiker gibt! Viele gehen in dieser Zeit mit der Wahrheit sehr locker um. In Amerika sind die Begriffe der "alternativen Fakten" und der Fake news aufgekommen. Das sind schöngefärbte Worte für Lüge, für Falschmeldungen. Es wurde und wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Hauptsache, es nützt dem Lügner! So kann man heute Erfolg haben. Man lügt ohne schlechtes Gewissen. Die Lüge ist salon- und hoffähig geworden.

Gibt es noch Menschen, die leidenschaftlich nach der Wahrheit suchen? Zweifellos, aber sie haben es schwer. Ihr Weg zur Wahrheit führt durchs Dickicht. Sie müssen sich Schneisen hindurch schlagen. Etwa durch den Wald der bloßen Meinungen, die immer emotionaler, immer mehr "aus dem Bauch heraus" daherkommen. Selbst der Klimawandel wird geleugnet; auch er ist für bestimmte Kreise nicht mehr als eine Meinung. In Talkshows stoßen solche Meinungen der verschiedenen Lager, der Weltanschauungen und Parteien aufeinander. Nachdenklichkeit und der Wille zum Dialog, zum Verstehen bleiben da oft auf der Strecke.

Gibt es noch die Wahrheit? Die Welt ist so komplex, unübersichtlich und kompliziert geworden, dass vielen "die Trauben der Wahrheit zu hoch hängen". Sie sagen: Das ist meine Wahrheit, mit der ich lebe, und du hast deine Wahrheit, mit der du klarkommen musst. Wahrheit zerfällt da in viele Wahrheiten, die gegeneinander stehen; sie droht ganz subjektiv und beliebig zu werden.

Andere sehnen sich deshalb immer mehr nach Wahrheit: Es muss doch mehr als nur Meinungen geben! Mehr als nur: Meine Wahrheit - deine Wahrheit! Etwas Grundlegendes, etwas, das alle verbindet und Halt gibt! Eine Art Brücke über dem Abgrund. Etwas, das nicht im jeweiligen Zeitgeist, nicht in den Meinungen und Moden aufgeht.

Für uns Christen verbindet sich die Wahrheit nicht mit einem Gedankengebäude, sondern mit einer Person, mit einem Gesicht. In Jesus Christus finden wir die Wahrheit, die dem Leben eine Richtung gibt. In seinen Worten und Taten, in seiner ganzen Existenz. Das Leben schenkt einem ständig genug Gelegenheiten, diese Wahrheit auszuprobieren und einzuüben. Die Wahrheit zu üben! Ich denke an eine fast 90jährige Ordensschwester, die mir sagte: "Ich übe immer noch!"

Liebe Schwestern und Brüder, Wahrheit schillert nicht. Wahrheit ist nicht zweideutig, nicht heuchlerisch, kein schöner Schein mit Nichts dahinter. Wahrheit ist eindeutig, ist konkret. Eindeutig wie Jesus: "Euer Ja sei ein Ja."

Schön hat das ein kleiner Text (von Josef Dirnbeck) zum Ausdruck gebracht. Er wird manchmal vorgelesen bei dem folgenreichsten Ja, das wir kennen – beim Ja-Wort einer Trauung:

Unser Ja ist ein Ja.
Unser Ja ist kein Jaja.
Unser Ja ist kein möglicherweise, kein unter Umständen, kein probeweise.
Unser Ja ist kein Naja.
Unser Ja ist ein Ja.

Jesus ist kein Diplomat, kein Schönredner, kein Demagoge. Er bringt die Dinge auf den Punkt. Er redet Klartext. Auch darüber, was "nicht geht", was sich mit Nachfolge und Christsein nicht vereinbaren lässt. Wischiwaschi gibt es bei ihm nicht. Seine Eindeutigkeit und Entschiedenheit traut er auch uns zu: Euer Ja sei ein Ja und euer Nein ein Nein!

Christsein geht heute nicht mehr ohne eine klare Entschiedenheit für Jesus Christus. Wir spüren, dass wir uns mit einem lauen und bequemen Glauben nicht "durchlavieren" können. Ein "bisschen Glauben", Glaube als private "Meinung", die man irgendwie noch hat - das reicht nicht aus, um in der Welt von heute bestehen zu können. Nehmen wir das Wort Jesu Euer Ja sei ein Ja als eine Ermutigung, als einen kräftigen Impuls: Wir können zu Jesus Christus eindeutig und bewusst stehen und ein Leben mit ihm wagen. Er selber hilft uns, dass unser Ja und unser Nein eindeutig sind.